Rechtsanwalt Rolf Deichmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Arbeitsrecht in Hannover, München und Hamburg
Keine Rechtsgrundlage im Planfeststellungsrecht:
Staat haftet für unvorhersehbare Auswirkungen beim Straßenbau
Wiederentdeckung des enteignenden Eingriffs
Der im Staatshaftungsrecht zwar geläufige, ansonsten aber praktisch nicht sehr bedeutungsvolle "enteignende Eingriff", eine richterrechtliche Anspruchsnorm für atypischer Folgen rechtmäßigen hoheitlichen Handelns, wurde vom Bundesgerichtshof auf Feuchtigkeitsschäden angewandt, die aufgrund des Baus einer Straße an einem Wohnhaus entstanden waren. Üblicherweise sind solche Problematiken durch Schutzverkehrungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu klären und deshalb hatte die beklagte Verwaltung auch Zahlungen verweigert. Der Verweis auf die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses greift jedoch nach Auffassung des BGH nicht generell: Für die am Eigentum des Klägers bereits eingetretenen und durch Schutzvorkehrungen nicht mehr zu verhindernden Substanzschäden biete das Planfeststellungsrecht keinen ausreichenden Schutz. Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das nun angesichts der Unvorhersehbarkeit der Auswirkungen des Vorhabens einen Anspruch aus enteignendem Eingriff zu prüfen hat.
BGH, Urteil vom 23. April 2015 - III ZR 397/13
Leitsatz:
Im Fall von nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses (Ortsumgehung einer Landesstraße) aufgetretenen, nicht voraussehbaren und durch Schutzvorkehrungen nicht mehr zu verhindernden Schäden am Eigentum Dritter (hier: Feuchtigkeitsschäden am Wohnhaus) be- steh kein Anspruch der Betroffenen auf angemessene Entschädigung nach § 75 Abs. 2 Satz 4 VwVfG. In einem solchen Fall können die Betroffenen Ansprüche aus enteignendem Eingriff vor den Zivilgerichten geltend machen.
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