Rechtsanwalt Rolf Deichmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Arbeitsrecht in Hannover, München und Hamburg
Fiktive Reparaturkosten:
Wann ist der Verweis auf eine "freie Fachwerkstatt" unzumutbar?
BGH konkretisiert Rechtsprechung
Bei der fiktiven Abrechnung eines Fahrzeugschadens hatte der Haftpflichtversicherer auf drei "freie Fachwerkstätten" mit niedrigeren Stundensätzen verwiesen, eine davon in 130 Kilometern Entfernung. Dies erschien dem BGH als zu weit.
Nach der Rechtsprechung des Senats sei dem Geschädigten die Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" nur dann zuzumuten, wenn diese mühelos und ohne Weiteres zugänglich sei. Dies sei nicht gegeben, wenn das Fahrzeug in den 130 Kilometer entfernten Werkstattort transportiert werden müsse. Zudem sei eine Reparatur in einer freien Fachwerkstatt auch dann unzumutbar, wenn sie nur deshalb kostengünstiger sei, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer beruhende Sonderkonditionen zugrunde lägen. Sei das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre alt, sei eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten generell unzumutbar.
BGH, Urteil vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14
Leitsätze:
1. Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden. Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen.
2. Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer hat darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte "freie Fachwerkstatt" für die Reparaturen am Fahrzeug des Geschädigten ihre (markt-)üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt.
3. Allein der Umstand, dass die fragliche "freie Fachwerkstatt" mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.
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